Ich habe mich durch meinen Reiseführer und die Unterlagen von Praktikawelten natürlich versucht, so gut wie möglich auf das Land, die Menschen und die Kultur Ghanas vorzubereiten. Ich habe auch damit gerechnet, dass das Schulsystem, die Wertvorstellungen und das Verständnis von Erziehung und Unterrichten anders sein würden. Mir war auch klar, dass es vermutlich nur sehr begrenzte Materialien in den Projekten geben würde und habe deswegen eine Menge Stifte, Radiergummis und vieles mehr von Zuhause mitgebracht.
Im Großen und Ganzen habe ich allerdings versucht, mir keine konkreten Vorstellungen zu machen und einfach alles auf mich zukommen zu lassen. Es ist egal, wie gut man versucht sich im Voraus auf das Land und die Leute einzustellen, wenn man etwas Ähnliches noch nie erlebt hat, kann man sich einfach keine genauen Vorstellungen von einem solchen Land wie Ghana machen und der Kulturschock bei der Ankunft ist eigentlich unvermeidlich.
Die Farben, die Gerüche, die schwüle Hitze, die Menschen, das Projekt, einfach ALLES ist anders als hier in Deutschland und vor allem das ghanaische Schulsystem ist mit dem deutschen nicht einmal ansatzweise vergleichbar. Mich hat es sehr überrascht, dass die Kinder in Ghana schon mit 3 Jahren zu Schule gehen und dasselbe lernen, wie bei uns die Kinder in der 1. Klasse (6-7 Jahre). Natürlich wusste ich auch, dass die Schüler in Ghana von den Lehrern teilweise geschlagen werden, aber die banalen Gründe für solche Schläge haben mich dann schon geschockt. Ich habe dann gemeinsam mit meiner Lehrerin versucht, andere Lösungen zu finden, um den Kindern zu vermitteln, was richtig und was falsch ist.
Morgens bin ich gegen 7 Uhr aufgestanden und dann hat man sich zusammen mit den anderen am Frühstückstisch getroffen. Gegen 8 Uhr sind dann alle los in ihre Projekte, wobei in meiner Schule der Unterricht oft erst gegen 9 Uhr angefangen hat. Meine Aufgabe war zunächst die 1. Klasse selbstständig zu unterrichten, in sämtlichen Fächern (Mathe, Englisch, Biologie, Religion). Ab und zu durfte ich auch einzelne Unterrichtseinheiten unter Aufsicht der Lehrerin selbst durchführen. Außerdem haben wir zusammen mit den Kindern viel gesungen, gebastelt und getanzt. Gegen halb 12 gab es dann Mittagessen und ich habe zusammen mit der Lehrerin die Schüsseln für die Kinder aus der Küche geholt, die Mahlzeiten im Klassenzimmer verteilt und dann zusammen mit den Kindern und der Lehrerin zu Mittag gegessen, was sehr lecker war und ich immer gut vertragen habe. Zwischen 12 und 14 Uhr kamen dann alle wieder aus ihren Projekten zurück und der Nachmittag stand zur freien Verfügung.
Durch die Arbeit im Projekt habe ich gelernt, wie man Schulunterricht auch mit wenig Materialien anregend und abwechslungsreich gestalten kann. Außerdem konnten viele Kinder nicht gut Englisch, was mir anfangs einige Probleme bereitet hat. So konnte ich aber die Erfahrung machen, dass man auch durch Zeichnungen, Gesten und Körpersprache ganz wunderbar mit Kindern kommunizieren kann, wenn es Verständigungsschwierigkeiten oder Verständnisprobleme gibt.
Die Menschen in Ghana sind alle insgesamt sehr offen und gastfreundlich und wenn man unterwegs ist und Probleme hat, ist jeder sehr hilfsbereit. Es hat mich immer wieder fasziniert, wie jeder gleich alles stehen und liegen lässt, nur um mir den Weg zu zeigen. Sowas habe ich in Deutschland noch nie erlebt. Und während man bei uns im Bus nach freien Sitzreihen und im Restaurant nach freien Tischen Ausschau hält, suchen die Ghanaer Plätze, wo sie sich dazusetzen und Leute kennenlernen können. Am Anfang hat es mich irritiert, wie nah die Menschen einem kommen, um dich anzugucken, anzufassen und mehr über dich zu erfahren, ich fand es schon fast aufdringlich, aber nach einiger Zeit gewöhnt man sich daran und ich fand es toll wie interessiert dich jeder auf der Straße grüßt und anspricht, einfach nur um zu fragen, wie es dir geht, wie du heißt, wo du herkommst oder was du hier in Ghana machst, während man in Deutschland immer völlig unpersönlich und grußlos aneinander vorbeiläuft, wenn man sich nicht kennt.
Abends waren wir oft auf der Straße vor unserem Haus unterwegs, haben uns an den Ständen ghanaisches Essen geholt oder uns einfach mit den Leuten dort getroffen. Am Wochenende waren wir oft auf einer Reggaeparty bei uns am Strand oder sind in Osu unterwegs gewesen. Das ist ein Stadtteil in Accra, in dem es viele Kneipen und Clubs gibt. Außerdem sind wir am Wochenende oft verreist, was ich jedem empfehlen würde, da man nur so das Land richtig kennenlernt, Ghana ist einfach überall anders vor allem im Norden.
Ich könnte glaub ich nicht sagen, welcher Augenblick der Schönste war. Es gab so viele wunderbare Momente, die ich immer in Erinnerung behalten werde. Als wir in Cape Coast abends im Dunkeln am Strand saßen, gequatscht und Musik gehört oder einfach dem Rauschen der Wellen gelauscht haben. Als ich an meinem letzten Tag in die Klasse kam und die Kinder auch nach 12 Wochen noch völlig begeistert aufgesprungen und „Madame Elena!“ schreiend auf mich zugestürmt sind, um mich zu begrüßen. Als wir am Cape Three Points, dem südlichsten Punkt ganz Westafrikas, auf den Klippen saßen und den wahnsinnigen Wellen zugeschaut haben, wie sie gegen die Felsen geprallt sind. Als wir im Mole Nationalpark die Elefanten beobachtet haben oder als wir uns auf den Reggaepartys gemeinsam mit den Ghanaern zu „Chop My Money“ die Seele aus dem Leib geschrien und getanzt haben…Es gab unendlich viele schöne Momente!
Die Vorbereitung durch wayers in Deutschland war super, man hat telefonisch immer jemanden erreicht, Emails sind schnell beantwortet worden und obwohl ich gefühlt 10x pro Woche angerufen habe, waren die Mitarbeiter immer sehr freundlich und hilfsbereit und haben alle Fragen geduldig und ausführlich beantwortet. Die Reiseunterlagen waren auch sehr umfangreich und informativ und zu allen formalen und organisatorischen Dingen ist man sehr gut angeleitet und unterstützt worden. Ich habe mich auf meinen Aufenthalt jedenfalls bestens vorbereitet gefühlt. Die Einführungsveranstaltung am ersten Tag war total spannend und man ist so gut es ging, auf das Land und die Kultur vorbereitet worden. Ich fand es auch gut, dass einmal die Woche ein Meeting stattgefunden hat, in dem unsere Koordinatorin jeden Einzelnen von uns auf sein Projekt angesprochen hat, nach Mängeln im Haus gefragt hat und man Fragen, Probleme oder Anregungen ansprechen konnte. Ich hatte immer das Gefühl, dass sie sich viel Zeit für uns genommen haben. Außerdem war auch so jeden Tag jemand mindestens kurz im Haus, sodass man jederzeit jemanden ansprechen konnte, wenn es Probleme gab und nicht bis zum nächsten Meeting warten musste.
Die Entscheidung für 3 Monate nach Ghana zu gehen war auf jeden Fall die beste meines Lebens, da es definitiv mit zu der schönsten Zeit gehört, die ich je erlebt habe! Die Leute sind trotz ihrer Armut so glücklich und zufrieden und obwohl die Menschen so wenig haben, geben sie dir so viel. In Ghana lernt man das Leben erst wirklich zu schätzen und mit wenig zufrieden zu sein, man lernt sich über Kleinigkeiten zu freuen und jeden Tag so zu nehmen, wie er kommt, und einfach das Beste daraus zu machen! Ich hoffe einfach, dass ich mir aus dieser Zeit viel mitnehmen und in Deutschland auch behalten kann. Auf jeden Fall kann ich dieses Land jedem empfehlen, da es eine wirklich wertvolle Erfahrung ist und man lernt, das Leben mit anderen Augen zu sehen.
Habt viel Kontakt zu den Einheimischen, denn nur so könnt ihr die ghanaische Kultur mit all ihren Bräuchen und Traditionen wirklich kennenlernen! Reist viel herum und schaut euch das Land an, denn Ghana sieht überall anders aus und das ganz typisch afrikanische Leben werdet ihr in Accra nicht erleben! Und lasst euch von den ersten 1-2 Wochen nicht einschüchtern, die Eingewöhnungszeit ist hart, aber danach werdet ihr es lieben! Das Heimweh in der ersten Woche ist vielleicht schlimm aber das Fernweh, wenn ihr wieder zuhause seid, ist schlimmer…