Ich habe mich auf ein Entwicklungsland eingestellt, war mir nicht sicher ob ich fließend Wasser, immer Strom, geschweige denn Internet haben werde und habe versucht mich innerlich schon einmal auf die große Armut einzustellen, die mich dort wohl erwartet. Tja, ich bin positiv überrascht worden! Bezüglich des Projekts hatte ich keine besonderen Vorstellungen, ich wusste ja nicht allzu viel darüber. Ich wusste nur, dass wir nachts auf Patrouille gehen werden, evtl. mit Polizeischutz, und das Ziel ist, die Eier vor den Poachern zu sichern. Ansonsten habe ich versucht, meine Erwartungen möglichst niedrig zu halten, um bloß nicht enttäuscht zu werden.
Es war eine fantastische Zeit, es hätte nicht besser sein können. Dennoch war es komplett anders als erwartet: Es gingen in der Zeit, als ich noch in der Sprachschule in Barrio Jesus war, diverse Gerüchte über das besagte Projekt rum. Ich habe mich dann aber -Gott sei Dank- dafür entschieden, mir das Ganze mit eigenen Augen anzusehen. Dort angekommen war ich durch und durch positiv überrascht:
Das Gelände: wunderschön!, die Leiterin: supernett!, die anderen Volontäre: super!, das Essen: total lecker, abwechslungsreich und immer mehr als genug!, das Wasser: fällt manchmal aus, aber dann wird dafür gesorgt, dass genug in Kanistern zum Trinken vorhanden ist, nur auf Duschen muss dann evtl. mal für 2 Stunden verzichtet werden!, die Sicherheit: ja, man sollte nach Einbruch der Dunkelheit das Gelände nicht mehr verlassen und auch tagsüber sollte man sich nicht allein herum treiben und vor allem in Limon muss man auf seine Sachen aufpassen und sollte wenig vertrauenserweckende Ecken eben meiden. Aber meiner Meinung nach gilt dies für ganz Costa Rica und sich daran zu halten, sagt einem doch der gesunde Menschenverstand und wenn man sich daran hält ist das Risiko ausgeraubt zu werden nicht größer als überall sonst. Letztendlich haben sich also alle üblen Gerüchte über dieses Projekt, als falsch erwiesen und ich bin heilfroh, dass ich mich entschieden habe, mir selbst ein Bild zu machen! Das ist auch etwas was ich nur an alle weitergeben kann: Macht euch immer selbst ein Bild von allem und gebt nicht zu viel auf die Meinung anderer!!! Ein weiterer Grund, weshalb ich total angetan bin, von diesem Projekt speziell, ist, dass es auch noch ein Wildlife Rescue Center gibt, dessen Ziel es ist, verletzte und verwaiste Tiere wieder aufzupäppeln und wenn irgendwie möglich wieder auszuwildern. Derzeit befinden sich dort ca. 15 Faultiere (Babys und schon ausgewachsene), 6 Affen, diverse Vögel (Aras, Tukane, Eulen und Amazonaspapageien), ein Reh, eine Ente, ein Baby-Olingo, ein Babyeinhörnchen, Amarillos und, und, und. Es ist nicht nur fantastisch, all diesen exotischen Tieren so nah sein zu können, sondern es kommt noch viel besser: man darf jederzeit gern beim Saubermachen und Füttern der Tiere helfen, was einfach super Erfahrungen sind! Schlussendlich hat sich herausgestellt, dass das Projekt der HAMMER ist! Für mich persönlich hätte es kein besseres geben können! Daher ärgert es mich maßlos, dass ein paar Mädchen, deren Erwartungen wohl einfach zu hoch waren, alles schlecht reden mussten und so nicht nur einigen dieses wunderbare Projekt und somit viele tolle Erfahrungen ausgeredet haben, sondern auch dem Projekt damit geschadet haben, da es nämlich auf die Hilfe der Volontäre angewiesen ist!
Zu dem Zeitpunkt, zu dem ich gekommen bin, waren gerade nur sehr wenige Volontäre da und kein einziger für das Wildlife Rescue Center. Daher habe ich mich bereit erklärt, beides zu machen, da mir beides, also sowohl das Turtle Conservation, als auch das Rescue Center, sehr viel Spaß machten. Das hat zwar mehr Arbeit bedeutet, aber da es Spaß gemacht hat, war das für mich kein Problem. Mein Tagesablauf war aber dadurch ein wenig gefüllter, als normal: aufgestanden bin ich so zwischen halb 8 und 8:00 Uhr, da es um 8:00 Uhr Frühstück gab. Anschließend wurden die Käfige der Tiere saubergemacht, das Futter hergerichtet und schließlich gefüttert. Wenn dann vor dem Mittagessen (12:00 Uhr) noch genügend Zeit war, sind wir in der Regel noch an den Strand gegangen, der auf der anderen Straßenseite ist. Um 14:30 Uhr wurde dann das zweite Mal gefüttert und den Rest des Nachmittages hatte man dann in der Regel frei, wenn nicht gerade ein Beach-Clean-Up auf dem Programm stand. Diese freien Nachmittage wurden entweder zum Beachvolleyballspielen oder um in Limon ins Internet zu gehen, genutzt. Dabei musste man allerdings beachten, dass die Busse nur alle 3 Stunden bis zum Projekt fahren. Um 18:00 Uhr gab es dann auch schon Abendessen, wobei hier vielleicht noch zu sagen ist, dass sowohl Mittag- als auch Abendessen warm waren, außerdem war es immer mehr als genug und sehr lecker, aber natürlich landestypisch, also viel Reis, Bohnen und Platano, aber dafür ist man ja auch in einem anderen Land! Nach dem Abendessen wurden dann die Babytiere gefüttert, was immer eine heißbegehrte Aufgabe war! Danach hatten wir meist bis 10, halb 11 frei, was die einen für ein Nickerchen, die anderen zum Kartenspielen o.ä. genutzt haben, bis dann die Nachtpatrouille am Strand losging. Je nachdem, ob man eine Schildkröte gesehen hat oder nicht und ob man zu Fuß oder per Pick-Up unterwegs war, haben die Patrouillen zwischen 3 und 6 Stunden gedauert. Das Ziel unserer Patrouillen war es, die Schildkröteneier vor den Poachern zu finden, da wir den Deal mit ihnen haben, dass derjenige die Eier bekommt, der sie zuerst entdeckt. Das funktioniert aber leider nur dann reibungslos, wenn wir Polizeibegleitung haben, was die Poacher einschüchtert, da das Plündern der Nester und das anschließende Verkaufen natürlich illegal sind. Da die Eier auf dem Schwarzmarkt aber sehr viel Geld bringen, da ihnen potenzsteigernde Wirkung nachgesagt wird, und diese Art Wilderer davon leben, schrecken sie jedoch vor nichts zurück, uns zu bedrohen, um die Eier zu bekommen. Um das zu verhindern, wurden wir aber von der Polizei begleitet, sodass maximal mal ein Baumstamm über die Straße gelegt wird, um uns am Vorankommen zu hindern. Und um die Poacher eben nicht noch mehr zu reizen, gibt es eben den besagten Deal, zwischen Tierschützern und Wilderern, sodass jeder an ein paar Eier kommt. Allerdings ziehen wir dabei meist den Kürzeren und zwar nicht etwa, weil wir zu spät dran sind. Das Problem ist, dass wir das Gelege einer Schildkröte relocaten müssen , also woanders neu verbuddeln, da ein echtes Schildkrötennest auch im Dunkeln aus 100m Entfernung für die Poacher sichtbar ist. Deshalb fangen wir also die Eier in einem Plastiksack auf, während die Schildkröte legt und vergraben sie anschließend an einer anderen Stelle am Strand. Das Problem dabei ist jedoch, dass wir die ganze Zeit von den Poachern, die im Gebüsch sitzen, beobachtet werden, was bedeutet dass sie die Eier einfach wieder ausbuddeln, sobald wir weg sind.
Aber unsere Arbeit besteht nicht nur aus Versteckspielen mit den Poachern, sondern auch darin, die Schildkröte zu messen, auf Verletzungen und eventuelle Krankheiten zu untersuchen, sowie ihr, falls noch nicht vorhanden, eine Markierung zu verpassen. Tagsüber muss außerdem der Strand saubergemacht werden, die Anzahl der Schildkrötenspuren von der vergangenen Nacht gezählt werden, sowie gegen Ende der Saison die alten, nicht entwickelten Eier, sowie hoffentlich Schalen der geschlüpften Schildkrötenbabys wieder ausgebuddelt werden und der Sand gesiebt werden. Diese Arbeit ist aber leider nicht zwangsläufig nötig. Leider deshalb, weil an diesem Strand eine Poachingrate von 100% besteht, was bedeutet, dass ALLE Gelege von einheimischen Wilderern geplündert werden und die Eier zum Verzehr verkauft werden. Das hat zur Folge, dass im vergangenen Jahr gar keine und in der diesjährigen Saison bisher nur 3 Schildkrötenbabys geschlüpft sind. Das macht die Arbeit natürlich etwas deprimierend aber auch umso wichtiger! Denn nur so kann man diese gigantischen Tiere retten! Und 3 sind besser als keine, oder? Also mir haben alle Aufgaben und Pflichten rund um beide Projekte wahnsinnig gut gefallen. Außerdem hatte man das Gefühl wirklich gebraucht zu werden und etwas Sinnvolles leisten zu können, was ein wahnsinnig schönes Gefühl ist! Da ich gerne Tiermedizin studieren möchte, war dieses Projekt, bzw. eben die Kombination der beiden Projekte, einfach perfekt für mich und ich hätte es nicht besser treffen können. Es war vor allem deshalb noch interessanter für mich, da ich der Leiterin des Projekts, die selbst Tiermedizin studiert, bei der medizinischen Versorgung der Tiere zur Hand gehen durfte, nachdem sie erfahren hatte, dass ich aufgrund vergangener Praktika schon Spritzen und Infusionen etc. geben konnte. Wer also entsprechende Vorkenntnisse schon vorweisen kann, darf auch in dieser Hinsicht immer helfen. Mich hat die Zeit in diesem Projekt nur positiv in meinem Berufswunsch beeinflusst und mich noch einmal darin bestätigt, dass das das Richtige für mich ist.
Eigentlich waren meine Erfahrungen mit der Kultur und der Bevölkerung nur positiv. Die Leute sind größtenteils sehr freundlich, offen und hilfsbereit. An was man sich erst einmal gewöhnen muss, ist die sogenannte „Tico-Time“, was einfach besagt, dass die Ticos es nicht besonders genau nehmen mit der Zeit, egal ob es um einen Termin oder eine Angabe zur Dauer der Busfahrt geht. Und das trifft leider voll zu J aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran und wird selbst recht locker im Umgang damit. Was noch gewöhnungsbedürftig ist, sind die Wegbeschreibungen! Am besten einfach an jeder Ecke nochmal nachfragen, sonst kommt man nie an! Und was mich am Anfang etwas irritiert hat, war das Machogehabe der Ticos. Dass man mitten auf der Straße von Männern jeden Alters gemustert und/oder angemacht wird, ist hier ganz normal. Aber wenn man es einfach ignoriert, lassen sie einen damit auch in Frieden, sollte man jedoch auf irgendeine Art und Weise reagieren, hat man den Guten an der Backe und dann kann es schwierig werden, ihn wieder loszuwerden. Also, wenn man nicht auf eine Affäre aus ist, sollte man es einfach ignorieren und dann gewöhnt man sich auch ganz schnell daran. Ich vermisse es sogar ein wenig, seit ich wieder hier in Deutschland bin, denn wer hört schon nicht gerne ein paar Komplimente? Und sonst muss ich sagen, sind die Leute weit weniger konservativ und religiös eingestellt, als ich erwartet hatte. Was auch weitaus weniger extrem oder verbreitet war, als ich erwartet hatte, war die Armut, zumindest im Vergleich zum Nachbarland Nicaragua, wo ich auch 2 Wochen verbracht habe. Dennoch war es schockierend, wenn man sie dann doch in ländlichen Bereichen in Form von mageren Kindern in aus Müll zusammengezimmerten Hütten am Straßenrand und in San Jose in Form von Obdachlosen angetroffen hat.
Während der Sprachschule waren wir nachmittags eigentlich immer unterwegs, haben uns Orte in der Nähe angesehen, waren in San Jose oder einfach Kaffeetrinken und abends hat man sich dann oft in der Dorfkneipe „Malibu“ auf ein Bierchen getroffen. Montagabends ist dann ein Großteil der Volontäre noch immer ins Casino in Alajuela gefahren, da die Mädels dort montags Freigetränke bekommen haben. An den Wochenenden hat man sich dann meist in Gruppen zusammengetan um Ausflüge zu machen. Standardziele waren dann Manuel Antonio, Monteverde, Montezuma, Jaco, Puerto Viejo… in der Regel hat man sich direkt nach der Schule auf den Weg gemacht und ist dann Sonntag Abend irgendwann wieder in die Familie zurückgekehrt. Generell war die Stimmung unter den Freiwilligen sehr gut und entspannt, es haben sich in der Regel automatisch Grüppchen gebildet, aber es gab eigentlich so gut wie nie Streit oder sonstige Spannungen.
Es ist schwer sich auf wenige schönste Momente zu beschränken, da es diese zu Hauf gab… einer der besten Momente war auf jeden Fall, als ich zum ersten Mal ein Schildkröte gesehen hab. Ich war total überrumpelt von der Größe und Urtümlichkeit des Tieres. Außerdem war es eine wunderschöne Erfahrung zu spüren, wie das Babyolingomädchen, das total abgemagert und ohne große Chancen zu uns gekommen ist, langsam Vertrauen zu mir entwickelt hat, mich als ihre Ziehmutter akzeptiert hat und mich schließlich als Bezugsperson anerkannt hatte. Inzwischen frisst sie richtig gut, ist fidel und hat sogar gute Chancen mal ausgewildert zu werden. An einer solchen Entwicklung teilhaben zu dürfen, ist eines der schönsten Dinge überhaupt!
Die Informationen und die Organisation durch wayers in Deutschland haben mir sehr gut gefallen, ich habe mich gut beraten und in guten Händen gefühlt. Ich hatte auch ein paar mal E-Mails mit Fragen, mal mehr, mal weniger wichtig geschickt, aber immer umgehend eine sehr hilfsbereite und freundliche Antwort bekommen.
Für mich war es auf jeden Fall die richtige Entscheidung! Viele meiner Bekannten haben zwar anfangs gefragt, warum ich denn Freiwilligenarbeit machen wolle und nicht mehr reisen. Aber für mich war es ein perfektes Gleichgewicht zwischen Reisen, Sprachkurs und Arbeit. Und am meisten Spaß hat mir die Arbeit im Projekt gemacht, nicht nur weil es ein super Projekt war, sondern weil ich mich dort auch am besten mit den Leuten verstanden habe, wir einfach eine super Zeit hatten und ich einige auch wiedersehen werde. Weitergebracht hat mich der Aufenthalt auch in mehrerlei Hinsicht. Zum einen habe ich viele tolle und interessante Menschen aus der ganzen Welt kennen gelernt und zum anderen lernt man nicht nur viel über eine andere Kultur sondern auch viel über sich selbst. Man wird wesentlich offener, selbstbewusster, reifer und selbstständiger. Die vielen Erfahrungen verändern einen Menschen auf jeden Fall, zumindest was seine Einstellung eingeht und zwar nur im positiven Sinne. Das merke ich jetzt vor allem, seit ich wieder zu Hause bin und wieder mit Leuten zu tun habe, die noch nie in ihrem Leben wirklich im Ausland waren und schon gar nicht in einem so anderen, einem so exotischen Land, wie Costa Rica, das gerade noch an der Schwelle zu einem modernen Staat steht…
Generell kann ich nur sagen, dass man am besten immer offen ohne Vorurteile das ganze angehen sollte, dann wird man sicher nicht enttäuscht und kann viele wunderbare Erfahrungen machen! Für das Projekt gilt noch, dass man sich unbedingt immer bemühen sollte und nicht warten, dass die anderen auf eine zugehen, sondern am besten selber den ersten Schritt machen, dann kommt man schnell mit allen ins Gespräch und lebt sich schnell ein! Und dann einfach alles genießen und wenn mal was nicht so nach Plan läuft: Pura Vida!!!