Mein Tagesablauf sah folgendermaßen aus: Um 8 Uhr morgens habe ich die Pferde und Ziegen gefüttert, danach gab es Frühstück und anschließend habe ich Arbeiten rund um die Farm erledigt. Dazu zählten zum Beispiel Zäune und Hindernisse streichen, misten, fegen, Sattelzeug putzen und auch aufräumen. Zwischen 12 und 14 Uhr gab es immer Mittagessen. Nachmittags habe ich oft als Betreuerin ausgeholfen und Menschen mit Behinderung, den Umgang mit Pferden gezeigt. Oft waren wir auch in der Halle, auf dem Reitplatz oder ausreiten. Ab und zu konnte ich mich auch über eine Reitstunde freuen. Gegen 17 Uhr wurde erneut gefüttert und nach dem Abendessen oftmals nochmal geritten.
In meine Gastfamilie habe ich mich super eingelebt und am Ende fühlte ich mich als Teil der Familie. Wie es sich als Familienmitglied gehört, war ich auch bei allen Ausflügen und Geburtstagsevents dabei. Gemeinsam mit meiner Gastfamilie habe ich dadurch sehr viel erlebt und gesehen. Wir waren beispielsweise bei den K-Days, beim Pferderennen und auf einem Roadtrip in die Rockies. Während meines Projekts waren wir sogar im Kurzurlaub in einem Resort in BC an einem wunderschönen See!
Generell lässt sich über die Kanadier sagen, dass sie super nett und freundlich sind. Gleich am Flughafen hat mir sogar ein Ehepaar ihre Visitenkarte da gelassen, damit ich sie kontaktieren kann, falls ich ihre Hilfe bräuchte. Was die Essgewohnheiten angeht, scheinen die Kanadier so wenig Wert auf ihr Essen zu legen wie die Amerikaner. Jedenfalls kenne ich mich jetzt sehr gut mit Fast Food aus.
Mein wohl lustigster Moment geschah, zum Geburtstag meiner Gastschwester. Zur Feier des Tages, habe ich sie zum Essen in ein deutsches Restaurant eingeladen. Als uns die Bedienung im Dirndl einen Teller mit Wiener Schnitzel, Spätzle, Sauerkraut, Bratwurst, Blaukraut etc serviert hat, habe ich mich schon ein wenig geschämt. Das ganze wurde durch schnulzige bayerische Musik noch gesteigert. Geschmacklich war das Essen leider auch nicht so der hammer und mir war es wirklich ein wenig peinlich. Als ich schließlich auf die Damentoilette ging und in den Ganzkörperspiegel schaute, lief ich rot an – ich sah so deutsch aus! Karierte Bluse zu Shorts und Socken in den Sandalen. Ich hatte keine Ahnung, dass ich an diesem Tag definitiv einer deutschen Geschmacksverirrung unterlegen sein musste und auch noch so in diesem deutschen Restaurant aufkreuzte. Ich schämte mich gerade noch für das Restaurant und eine Sekunde später lachte ich mich schlapp, weil ich mich selbst mit diesem Outfit so blamiert hatte.
Für mich war der Auslandsaufenthalt die beste Entscheidung, die ich für die Zeit nach dem Abi überhaupt treffen konnte. Ich habe unendlich viele neue Erfahrungen gesammelt, bin selbstbewusster und habe eine zweite Familie und neue Freunde gefunden. Und ganz nebenbei hat sich auch mein Englisch sehr verbessert.
Ich kann euch nur ans Herz legen: Seid offen für alles Neue! Traut euch etwas zu und wenn ihr die Möglichkeit habt etwas Neues auszuprobieren, nutzt die Chance! Habt außerdem keine zu genauen Vorstellung wie eure Zeit vor Ort aussehen soll, es wird sowieso anders kommen und ihr seid sonst vielleicht nicht so kompromissbereit oder womöglich enttäuscht. Genießt einfach die unvergessliche Zeit im Ausland.“