Vor meinem Abflug hatte ich kaum Vorstellungen von Neuseeland. Ich habe nicht viel erwartet, außer auf jede Menge offene und freundliche Menschen zu treffen und ein Land bzw. eine Insel mit einer unglaublich vielfältigen Natur zu bereisen. Alles was ich über Neuseeland wusste, habe ich mir kurz vor der Anmeldung „ergoogelt“ und die Fotos haben mich letztendlich überzeugt, mich dort ins Abenteuer Farmstay zu stürzen. Die Vorstellungen von meiner Arbeit waren da schon deutlicher: Ich hatte mich auf sehr frühes Aufstehen, harte Arbeit und wenig Freizeit eingestellt. Ich dachte, dass vor allem Ställe ausmisten, füttern und Haushaltsarbeiten auf mich zukommen und dass ich je nach dem auch mit einem recht rauen Umgangston klarkommen müsste, wie ich das von Pferdeställen und Reitschulen aus Deutschland kenne. Ich war mir relativ sicher, dass es kein Erholungsurlaub mit süßen Pferden wird, sondern vor allem harte Arbeit, die mich eventuell an meine Grenzen bringen würde. Und das in einem fremden Land. Aber das war der Plan: Schauen, wie weit ich gehen kann! Also hatte ich mich entschieden: Rein ins Abenteuer Farmstay in Neuseeland! Doch dann kam alles anders. Ich wurde schon an der Bushaltestelle super freundlich und herzlich empfangen Die ersten Wochen vergingen wie im Flug. Die Farmer haben sich super viel Zeit genommen um mir alles zu zeigen und zu erklären und bis ich die Routine in meiner Arbeit gefunden habe, wurde einfach alles zusammen gemacht. Egal ob wir unter der Woche auf der Farm oder am Wochenende mit dem Truck und den Pferden auf Turnieren waren, die Arbeit hat immer Spaß gemacht und wir haben uns immer gut unterhalten – es war nie langweilig. Auch wenn ich manchmal körperlich an meine Grenzen gekommen bin oder vor allem zu Beginn auch mal Heimweh hatte, es war immer jemand da, der Zeit für eine Umarmung und ein paar liebe Worte hatte. Ich war unglaublich überrascht von der Herzlichkeit und der entspannten Arbeitsatmosphäre, sodass es sich am Ende doch fast wie Ferien angefühlt hat, auch wenn ein Arbeitstag gut und gerne mal 14 Stunden gedauert hat.
Gegen 6.00 Uhr morgens ging es los: Aufstehen, anziehen, frühstücken und dann gegen 7.00 Uhr raus zu den Pferden: Boxen ausmisten, Füttern, Decken wechseln usw. Gegen 7.30 Uhr kam meine „Chefin“ dann raus und die nächsten 4-6 Stunden war ich dann damit beschäftigt, Pferde von der Weide zu holen, sie zu putzen, aufzusatteln, den Springparcours anzupassen, die Pferde abzuduschen und danach wieder auf die Weide zu bringen. Besonders zu Beginn hat es viel Spaß gemacht und es war auch eine Herausforderung, weil ihre Pferde doch ziemliche Persönlichkeiten sind und auch fast schon gefährlich. So haben wir morgens als Team gut und gerne 6-10 Pferde bewegt. Vor dem Mittagessen durfte ich dann ab und zu auch mal selber ein Pferd reiten und habe auch die ein oder andere kostenlose Reitstunde von meiner Chefin bekommen. Das war dann natürlich das Highlight der Woche, weil sie eine unglaubliche Trainerin ist. Gegen 12.30 Uhr haben wir uns dann meistens eine ausgiebige Mittagspause gegönnt: Mal sind wir nach Kaitaia zum Einkaufen gefahren oder als es dann wärmer wurde zum Schwimmen im Fluss ans untere Ende der Farm gefahren und dort einfach 2 Stunden in der Sonne gelegen. Nach dem Mittagessen wurden dann die restlichen Pferde bewegt oder irgendwelche anfallenden Farmarbeiten erledigt. Gegen Abend kamen dann regelmäßig Leute mit ihren Pferden um Reitstunden zu nehmen oder ihre Pferde von meiner Chefin beschlagen zu lassen. Die Zeit habe ich dann genutzt um ihre Ausrüstung zu pflegen oder Pferdedecken zu waschen. Danach war es meine Aufgabe den Hof aufzuräumen, Wassereimer aufzufüllen und das Futter für die Pferde zu richten und zu füttern. Feierabend war meistens so gegen 18.30 Uhr. Danach wurde zusammen gekocht und wir haben dann bei einem Glas Wein gemütlich den Abend ausklingen lassen. Die Wochenenden haben wir dann auf Turnieren verbracht. Dort ging ein Tag dann gerne mal schon um 5.00 Uhr los. Meine Aufgaben dort haben sich nicht großartig von denen auf der Farm unterschieden. Es war nur alles ein wenig anstrengender und mit weniger Schlaf verbunden – 2 kurze Nächte im Pferdetruck hinterlassen ihre Spuren. Gleichzeitig waren die Turniere eine tolle Möglichkeit mit anderen pferdebegeisterten Neuseeländern in Kontakt zu kommen. Auch wenn der Umgangston entspannt war, war es teilweise harte Arbeit und die Tage waren oft sehr lang, sodass ich lernen musste, über meine Grenzen hinaus zu arbeiten. Das stärkt das Selbstbewusstsein und war für mich im Nachhinein eine unglaublich gute Erfahrung, auch wenn ich es während meiner Zeit auf der Farm manchmal fast verflucht habe. Ein willkommener Nebeneffekt der Arbeit war, dass sich mein Englisch in den 3 Monaten enorm verbessert hat, sodass ich mich jetzt fließend auf Englisch unterhalten kann.
Da meine Gastfamilie erst in der 3. Generation in Neuseeland lebt und sehr international eingestellt ist, bin ich während meinem Farmstay überhaupt nicht mit der Maori-Kultur in Verbindung gekommen. Die Freundlichkeit aller Neuseeländer hat mich aber sehr gefreut und so war es für mich selbstverständlich, genauso freundlich auf sie zuzugehen wie umgekehrt.
Der lustigste Moment war definitiv, als wir morgens um 6 plötzlich einen fremden Hengst auf dem Hof stehen hatten und den dann in Schlafanzug/Unterwäsche und Gummistiefeln 2 Kilometer in ein leeres Paddock treiben mussten, weil er sich nicht anfassen/einfangen ließ. Außerdem habe ich es im Sommer immer genossen, mit meiner Chefin unten am Fluss in der Sonne zu liegen und einfach nur über alles Mögliche zu lachen und zu quatschen.
Mit der Betreuung von wayers war ich vollkommen zufrieden! Sie waren super flexibel, immer erreichbar und wirklich freundlich – weiter so!
Der Auslandsaufenthalt war definitiv die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe und ich würde sofort wieder losziehen! In dieser kurzen Zeit hat sich mein Selbstwertgefühl enorm gesteigert und ich bin viel selbstständiger und lockerer geworden. Dass das Land an sich einfach nur unglaublich ist, muss ich wohl nicht erwähnen!